Dating-Erfahrungen: Meine - leider nur teilweise guten - Erfahrungen mit Kontaktbörsen, Partnerbörsen, Datingportalen und Singlebörsen im Internet

Zuletzt geändert: 29.11.2015 durch den Autor

Vorbemerkung:
Diese Seite wurde bereits in den ersten 24 Stunden, nachdem ich sie online gestellt hatte, ca. 20 mal aufgerufen. Ich hab keine Ahnung, ob von potentiellen Opfern, oder von den Kriminellen, weil die zukünftig noch weniger Fehler machen und noch geschickter betrügen wollen. (Oder von beidem ;-) )

Ich habe mich vor ca. zwei Wochen erstmalig bei einer Partnerbörse im Internet angemeldet.
Unschön, aber noch zu verkraften war, dass zwar zunächst mit "kostenlos" geworben wurde, aber als ich dann zum ersten Mal eine eigentlich notwendige Funktion benutzen wollte, hieß es plötzlich: Diese Funktion ist Premium-Mitgliedern vorbehalten und die Premium-Mitgliedschaft kostet 30 €.
Kann man von seinem Konto abbuchen lassen, steht dann aber auch sofort zur Verfügung. (Kann sein, dass da noch ein bürokratischer Zinnober etwas gedauert hat, so genau weiß ich es gar nicht mehr. Aber im Großen und Ganzen war es wohl sofort.)

Und dann geht's los. Du schreibst irgendwelche wildfremden Frauen in passendem oder unpassendem Alter an, liest Profile von wirklich schwer übergewichtigen Mädels und kontaktierst Weiber, die genauso häßlich sind, wie du selbst.
Hobbies, Vorlieben, Wünsche, Alter, Größe, Gewicht, Ausbildung usw. - in den entsprechenden Feldern deines Profils kannst du fast alles hinterlegen.
Ausfüllen musst du aber nahezu gar nichts. Manche veröffentlichen ohne Probleme ihr Foto und ihr Gewicht, Formulieren lang und breit, wie sie sich selbst sehen und wie ihr Wunschpartner aussieht, bei anderen steht fast gar nichts.
Ich weiß bis jetzt noch nicht, ob die unseriös oder bloß faul sind. Vielleicht fehlt es manchen auch schlicht an Selbstvertrauen, um mehr von sich preiszugeben.
Manche der Angeschriebenen melden sich (ganz grob geschätzt: ca. 30 %), manche schreiben auch dich an, in seltenen Fällen gehen ein paar E-Mails hin und her.
So weit eigentlich ganz o.k., aber als Neuling und mit (anscheinend) passenden Schwächen ...

... wirst du erstmal von Frauen angebaggert, die dir vormachen, sie wären die reinsten Traumfrauen, würden dich über alles lieben und bewundern und wollten dich unbedingt heiraten.

Ich nehme mittlerweile an, dahinter stecken nichts als gut eingespielte Teams von Russenmafia, Nigeria Connection oder anderen Gangsterbanden.

Die sind unglaublich geschickt darin, dir Honig ums Maul zu schmieren. Du kriegst Lob für alles und jedes - selbst für Sachen, die du merkwürdigerweise nie gesagt oder getan hast.

Beispiel:
Ich wurde dafür gelobt, dass ich "ihr" gezeigt hätte, wie man einer E-Mail einen Anhang anfügt. Das hatte ich aber genaugenommen gar nicht getan. Ich hatte ihr lediglich zu einem (Freeware-) Programm geraten, mit dem man Bilder vor dem Anhängen an die E-Mail komprimieren kann. (Sie hatte mir einen lahmen Computer und eine schlechte Internet-Verbindung vorgemacht.) Nicht mal die Bedienung des Programmes hatte ich ihr erklärt - und schon bekam ich das längst versprochene Bild von ihr (und gleich noch sechs weitere).

Und damit sind wir beim Thema:
Es handelt sich in Wahrheit um erfundene Figuren. Und Erfindungen sind nie so detailreich wie die Realität. Wenn Du es mit einer realen Person zu tun hast, wird diese nicht das geringste Problem haben, dir widerspruchsfrei ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen.

Geboren, Mädchenname und Herkunft der Mutter, der Beruf des Vaters, die Grundschule und der Name deiner damaligen Lieblingslehrerin, welche weiterführende Schule, wo du heute wohnst und was du arbeitest und genau, wo - das alles und noch viel mehr über dich zu erzählen, wird dir nicht die geringsten Probleme bereiten.

Aber nie kann sich jemand so etwas wie eine ganze Relität ausdenken. Zumindest nicht widerspruchsfrei. Wenn dir also eine erfundene Figur begegnet, wird sie deine Neugierde schon bei den harmlosesten Fragen kritisieren, Fragen einfach ignorieren, allgemein bleiben (Konkretes ist eigentlich immer auch überprüfbar!), schwammige Antworten geben, sich "die Würmer aus der Nase ziehen lassen", usw.

Dir werden dann irgendwann trotz allem Merkwürdigkeiten auffallen:
- Beispielsweise kennt ein Jurist offensichtlich einen Begriff wie "Anspruchsgrundlage" nicht. Ein Laie braucht dieses Wort auch nicht zu kennen. Ein Anwalt muss über dieses Wort aber so genau Bescheid wissen, wie eine Hausfrau darüber, was ein Topf ist.
- Wenn du eine angebliche Universität im Internet suchst, existiert diese gar nicht. Oder sie liegt rein zufällig im Ausland - und du kannst deswegen überhaupt nicht überprüfen, ob dort das Fach gelehrt wird, das dein angeblicher Bewunderer vorgibt, studiert zu haben.
- Angeblich hat jemand gleichzeitig in Deutschland gewohnt und in den USA studiert.
- Der Arbeitsplatz wird nur ganz allgemein beschrieben. In meinem Falle: Die Frau gab vor in einem bestimmten Staat in einem Flüchtlingscamp zu arbeiten. Jeder normale Mensch hätte sofort dazu gesagt, welches Flüchtlingscamp genau. Also beispielsweise nahe der Stadt ...
- Die angeblich gehörlose Frau will mit dir telefonieren und gibt dir eine Handynummer. (Achtung: Handynummern sind je nach Land anders als in Deutschland!)

Für jede dieser Merkwürdigkeiten kann es tatsächliche Gründe geben. Handys sind vielleicht in einem Land so billig, dass dort niemand mehr ein Festnetz-Telefon hat. Aber vielleicht gibt es auch nur das Handy, weil man sich nicht lokalisieren lassen will.

Die angeblich gehörlose Frau ist halt nur auf einem Ohr taub. Das glaube ich zunächst, denn a) ich verstehe nichts vom Thema "Gehörlosigkeit" und b) ich glaube ihr im Moment jeden Scheiß und jede noch so absurde Ausrede - denn Liebe macht ja bekanntlich blind!

Und erst, wenn man durch irgendeinen Zufall misstrauisch geworden ist, kommt man auf die Idee, einfach mal in die Wikipedia zu gucken: https://de.wikipedia.org/wiki/Gehörlosigkeit
Dort steht klipp und klar: "Gehörlosigkeit bezeichnet das vollständige oder weitgehende Fehlen der Hörfähigkeit bei Menschen.".

Ich hatte sie also schon ertappt - und bin dann völlig überflüssigerweise auf ihre dämliche Ausrede hereingefallen.

Summa summarum:
Wenn ihr wissen wollt, ob euer potentieller Partner echt ist, stellt jede Menge Fragen, die für "Otto Normalverbraucher" völlig harmlos wären. Wenn möglich, überprüft alles, was irgendwie überprüfbar ist. Ob Orte existieren, Schulen und Hochschulen, ob die gemachten Angaben zueinander passen, ob die angebliche Krankenschwester weiß, was der Unterschied zwischen einer intravenösen und einer subcutanen Spritze ist.

Seid misstrauisch, wenn "geblendet" und "Honig ums Maul geschmiert" wird:
- Wenn ihr sofort der Partner fürs Leben seid
- Wenn die Angebete euch über den grünen Klee lobt - und nur eure Neugierde sie stört.
- Wenn sie überraschenderweise traumhaft gut aussieht - obwohl ihr selbst jeden Morgen aufpassen müsst, dass der Badezimmerspiegel nicht zerspringt, wenn ihr reinguckt.
- Wenn sie viel zu jung ist.
- Oder der Angebete angeblich stinkreich.
- Oder sozial sehr engagiert.
- Oder vorgibt, besonders hart zu arbeiten, absolut treu zu sein,
- Oder oder oder ...

Wenn ihr die Gauner dann eindeutig ertappt und euch daraufhin nicht gleich klammheimlich verabschiedet habt, sondern auch noch die Frechheit besitzt, das Ertappt-Haben offen zu legen, kommen Unverschämtheiten, Beleidigt- und Gekränkt-Tun und andere Dinge, die einem die Schuhe ausziehen: Da wird beispielsweise behauptet, man habe ja nie gelogen - obwohl du einige Lügen ganz klar nachgewiesen hast.

Schutzmaßnahmen zum Ende:

Wenn jemand, den ihr nicht wirklich genau kennt (z.B. euer eigener Sohn ist), euch unter Zeitdruck setzen will, dann will er euch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verarschen.

Achtung! Wer sich als Neffe ausgibt, ohne dass ihr ihn seit Jahren kennt, ist das noch lange nicht! Und auch euer Sohn kann das Geld deswegen brauchen, weil er meint, jemand damit zu helfen - der ihn in Wirklichkeit nur abzocken will.

"Angebot befristet - nur heute für 20,-- €" müsst ihr lesen als "Bei der Konkurrenz schon seit Jahren für 10,-- € zu haben".

Und die Geschichte vom Notfall in letzter Sekunde ("Mein Ticket wurde mir kurz vor dem Abflug gestohlen") ist der älteste bekannte Betrügertrick.

Und wenn ihr Geld nach Afrika - Nigeria, Südafrika oder so - überweist, dann geht bitte davon aus, dass das Geld weg sein wird. Ohne jede Gegenleistung - und ihr werdet garatiert noch nicht mal jemand geholfen haben!

Und worauf ich - beinah - reingefallen wäre: Die Betrüger geben sich selbst als Opfer der Bande aus, der sie in Wirklichkeit angehören.
"Ich bin ja selbst schon 50 mal von diesen Leuten angeschrieben worden und alles stellte sich nur als unseriös heraus." Wie traurig. Nebenbei: Es ist seit Jahrtausenden üblich, dass sich Verbrecher selbst als die "wahren Opfer" darstellen.
Wenn man wissen will, wo wirklich das Opfer ist, muss man sich alle Fakten genau ansehen - und schon gar nicht auf irgendwelche Beteuerungen ohne jeden handfesten Beleg hören!

Und noch etwas: Seid misstrauisch! Meine "Angebetete" nannte sich Setrina Bagnar. Als ich sie per E-Mail fragte, wo der Name "Bagnar" herkomme, bekam ich zur Antwort: Das sei halt nur so ein Name - halt relativ selten.

Wahrheit: Jeder Name hat irgendeine Herkunft. Orts- oder Berufsnamen sind am häufigsten, in Pakistan leitet sich ein Name vielleicht von einem Bergvolk ab, ein Name wie "Krause" von einer Äußerlichkeit (Haare), Hirsch von einem Tier usw. Und vor allem hätte kommen müssen: Der Name stammt aus dem und dem Land.
Wenn euch Namen genannt werden, sucht danach im Internet. Fast kein Name ist so selten, dass ihr nichts dazu finden werdet. Das gilt nicht nur für Eigennamen, sondern auch Ortsnamen, Namen von Schulen, Ausbildungs- und Arbeitsstätten usw. Und bitte: Wirklich alles überprüfen. Es kann sonst sein, dass ihr nur gerade etwas erwischt habt, wo besonders gut getrickst wurde.

Nachtrag

Jemand hat mich auf die Idee gebracht, mich trotz meiner relativ geringen Schwerhörigkeit mal auf der Singlebörse für Gehörlose und Schwerhörige http://www.gl-sh.de anzumelden. Die erste "Love-Message", die ich bekam, stammte von einer "Sarahherma" und sah dann so aus:

Hallo,





Wie geht es dir?



Ich suche einen verantwortlichen Mann für Beziehung.



Sind Sie bereit, Relationhship zu?



Sind Sie taub oder schwerhörig?



Grüße

Sarah


Gehen wir jetzt das Ganze mal der Reihe nach durch.

1. Der Vorname Sarah ist zwar geläufig, aber sicherlich auch besonders schön. Absichtlich so gewählt oder Zufall?
2. Es war die erste "Love-Message", die ich auf diesem Portal bekam - unauffällig oder will man sich da über einen (anscheinend) unerfahrenen Neuling hermachen?
3. Was sollen all diese überflüssigen Leerzeilen?
4. Das Profil zeigt kein Foto. (Das allein sagt gar nichts, denn Fotos von sich zeigen viele nicht.)
5. Angeblich 33 Jahre. Sehr auffällig, weil eigentlich viel zu jung für mich (bin fast 55).
6. Name: Angeblich Sarah Hermann. Also deutsch?!? Warum das Deutsch dann an verschiedenen Stellen so fehlerhaft? Beispiele: "Sind Sie bereit, Relationhship zu?" oder: "Ich bin bodenständig, ehrlich, fürsorglich, romantisch und offen denkende suchen Beziehung Partner mit einem verantwortlich, Familie orientiert ..." Familienorientiert heißt das. Nur so nebenbei.
6. Angeblich aus Mühlacker. Gibt es. Postleitzahl stimmt sogar. Aber http://www.dastelefonbuch.de verrät sofort: "Herrmann" mit zwei "n" gibt es dort so gut wie keine - und mit Vornamen Sarah oder auch nur "S." sowieso nicht. Nun gibt es ja auch Leute, die zwar Telefon haben, aber ihre Daten nicht im Telefonbuch sehen wollen. Das ist zwar durchaus zulässig, aber "Glaubwürdigkeitspunke" sammeln kann man damit nicht.
7. "Sind Sie taub oder schwerhörig?" Steht in meinem Profil genau dort, wo es hingehört, nämlich unter "Handicap". Also warum die Frage?????
8. "Diese Eigenschaften sollte mein Partner haben: Achtung, fürsorglich, ehrlich, romantisch und treu." Ich nehme an strohdoof sollte er auch sein. Bei seriösen Partnersuchen heißt es eher: "Er soll vor allen Dingen er selbst bleiben." Anders ausgedrückt: Eine dermaßen süßliche Kombination von Eigenschaften, die der Partner haben sollte, findet man nicht einmal mehr bei einer 15jährigen - jedenfalls nicht in Deutschland!!!

Ich spare mir die Fortsetzung.
Jede einzelne dieser Sachen könnte man noch irgendwie durch etwas Seriöses erklären - aber wer sich ein bisschen mit Wahrscheinlickeiten auskennt, weiß, daß die Gesamtwahrscheinlichkeit winzig wird, wenn eine Reihe von "Ereignissen" (wie man solche Punkte in der Fachsprache nennt) mit "und (gleichzeitig)" zu verbinden sind. Anders ausgedrückt: Jeder der genannten Punkte wäre vielleicht noch durch etwas Seriöses zu erklären - alle Punkte zusammengenommen ergeben aber ganz eindeutig: Unseriös!!!

Stelle gerade fest, das mit den vielen Leerzeilen liegt wohl an der Plattform - also seriös zu erklären. Streichen wir das also.

Nichts desto trotz lautete meine Antwort:


Hallo Sarah,

nett, dass du dich meldest.

Ich schreibe gerade eine Arbeit über Betrug auf Dating-Websites.

Du könntest sicherlich aus deinem großen Erfahrungsschatz dazu beitragen.

Insbesondere könntest du mir helfen herauszufinden, ob wirklich alle diese Internetbetrüger gleich mehr als ein halbes Dutzend wirklich dilettantischer Fehler auf einmal machen.

Ganz herzliche Grüße!

Harald


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Harald K., E-Mail: harald.kellerwessel@web.de

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