Kindesmissbrauch

Das Thema "Kindesmissbrauch" wird selbst oft missbraucht, und zwar zum Verbreiten von demagogischen Plattheiten (inklusive Tränendrücken!). (Wer auf so etwas steht, sollte hier besser nicht weiterlesen!) Zum Thema Kindesmissbrauch gibt es eigentlich schon gute Artikel, ich empfehle beispielsweise http://de.wikipedia.org/wiki/Sexueller_Missbrauch_von_Kindern
und dass es auch bei unddu.de anders als mit plakativen Sprüchen geht, zeigt(e) (unddu gibt's leider nicht mehr!):
http://333engelchen.unddu.de/%26----------------KINDER----------------%26
Früher gab's auch noch eine hervorragende Seite von merlinww; aber der war leider schon länger bei "unddu" nicht mehr dabei.
Was bleibt also noch zu sagen? Ich meine, dass eine unberechtigte Anschuldigung auf diesem Gebiet dem Betroffenen genauso das Leben zerstören kann wie ein tatsächlicher Missbrauch das Leben des/der Missbrauchten. Wer's nicht glaubt, sei auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Wormser_Prozesse
verwiesen. Von geschiedenen Ehen, zerstörten Familien usw. trotz nicht etwa eines hauchdünnen Freispruchs (nach dem Motto "Im Zweifel für den Angeklagten"), sondern trotz eines 1a-Freispruchs kann man da lesen!
Kindesmissbrauch ist zweifelsohne manchmal sehr schwer nachzuweisen, aber mindestens genauso schwer ist es, sich von einem unberechtigten Vorwurf des Kindesmissbrauchs rein zu waschen (nicht vor Gericht - dort wird, wie mir z.B. 333engelchen schrieb, sehr penibel gearbeitet - aber bei Familienangehörigen, Nachbarn usw.).
Um hier Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin mir durchaus bewusst, dass die Täter beim Missbrauch zum Teil (zum Teil, denn es gibt allem Anschein nach auch einen nicht unerheblichen Teil relativ harmloser Fälle!) mit geradezu unglaublicher Brutalität vorgehen. Es kommt zur Vergewaltigung selbst von Kleinkindern und sogar zur Kombination von sexuellem Missbrauch mit Mord! In diesen Fällen kann es natürlich auch zu höheren Strafen als den 10 Jahren für "sexuellem Missbrauch von Kindern" kommen, bei Vergewaltigung ist die Höchststrafe 15 Jahre, wenn der Tod des Kindes nur leichtfertig in Kauf genommen wird, sogar lebenslänglich! Außerdem gibt es natürlich die Sicherungsverwahrung. Denjenigen, die höhere Strafen für Triebtäter fordern, sei dies gesagt. In schweren Fällen ist also bei den 10 Jahren für "sexuellem Missbrauch von Kindern" noch längst nicht Ende der Fahnenstange. Dazu kommt bei Kindesmissbrauch strafverschärfend, dass die Täter selbst in den Hierarchien, die es auch in Gefängnissen gibt, ganz unten stehen. Es ist wohl nicht gerade prickelnd, unter diesen Umständen 10, 15 oder mehr Jahre in einer Justizvollzugsanstalt, wie man das Gefängnis auf gut Neuhochdeutsch nennt, einzusitzen! Vielleicht wäre es abschreckend, wenn man das einmal mehr an die große Glocke hängen würde! (Zu diesem Zweck - der Abschreckung - müsste man natürlich auch einen Weg finden, das Risiko für die Täter, erwischt zu werden, zu erhöhen. Derzeit spricht man von Dunkelziffern von 80% oder höher. Mindestens vier von fünf Tätern landen also gar nicht vor Gericht - da liegt das eigentliche Problem!)
Das Thema ist also äußerst kompliziert, denn eine unberechtigte Anschuldigung muss genauso vermieden werden, wie ein tatenloses Zusehen bei einem tatsächlichen Missbrauch! Die plakative Forderung nach "Todesstrafe für Triebtäter" wird also der Problematik nicht im Entferntesten gerecht! (Leider ist derartiges bei unddu.de des Öfteren zu lesen!)
Allgemein ist Dreierlei zu sagen: Das Problem liegt einerseits offensichtlich mehr in der Dunkelziffer als in den aufgedeckten Taten. Zum anderen sind es - allen Vorurteilen zum Trotz - nur selten Fremde, die die Tat begehen; meist stammen die Täter aus dem nahen Umfeld des Opfers. Drittens gibt es offensichtlich einen hohen Anteil von Opfern, bei denen die Tat ohne - zumindest sichtbare - Folgen bleibt. Welches Opfer wird schon den Täter für nichts und gar nichts anzeigen, noch dazu, wenn dem Täter unter Umständen langjährige Haftstrafen drohen?!? Noch dazu, wenn der Täter ein "guter Bekannter" ist?!? Eine Erhöhung der Strafen würde also im Zweifelsfall erstmal zu einer Erhöhung der ohnehin schon hohen Dunkelziffer führen, weil es zu noch weniger Anzeigen käme. Eigentlich sollten höhere Strafen abschrecken und somit die Zahl der Übergriffe verringern. Wahrscheinlich wird aber Zahl und Schwere der Taten genau gleich bleiben - abschrecken tun Strafen leider nicht (schon gar nicht "Triebtäter", die eben so heißen, weil bei ihnen die Triebe regieren), und wenn der Täter 15 statt 10 Jahre sitzt, kann sich das Opfer dafür auch nichts kaufen.
Höhere Strafen erscheinen also bei näherer Betrachtung (leider, denn für manche Tat in diesem Umfeld erscheinen sie durchaus angemessen!) sinnlos.
Was kann man also tun? Zum einen scheint frühzeitige Sexualaufklärung der potentiellen Opfer zu helfen. Die Folgen einer begangenen Tat sind bei aufgeklärten Opfern offensichtlich geringer. Zum zweiten sollte man bei Verdacht auf eine Tat (hoffentlich keine selbsternannten!) Fachleute hinzuziehen. Allerdings kann das Gehirn auch von Fachleuten den gleichen Denkfallen unterliegen wie das jedes anderen Menschen. Fachleute sollten einen tatsächlichen von einem nur vermuteten Missbrauch unterscheiden können, aber dass das wohl keineswegs immer der Fall ist, hat leider der "Wormser Prozess" gezeigt.
"Atome sind leichter zu knacken als Vorurteile", sagte einmal Einstein. Wehe, wenn sich ein Fachmann (oder sonst jemand!) ein (Vor-) Urteil gebildet hat und dann nur noch nach bestätigenden Informationen sucht, anstatt sein Augenmerk gezielt auf widersprechende Informationen zu richten! (Leider lehrt uns die Wahrnehmungspsychologie, dass Menschen im Allgemeinen eher dazu geneigt sind, bestätigende Informationen aufzunehmen!) Um möglichst wenig Denkfallen zu unterliegen, sollte man beispielsweise meinen Artikel über "Denken und (Fehl-) Entscheidungen" lesen, siehe:
http://haraldk.de/Denken%20und%20(Fehl-)%20Entscheidungen
Ein gutes Buch zum Thema "Denk- und Wahrnehmungspsychologie" (auch kognitive Psychologie genannt) tut's natürlich auch (ist nur im Zweifel länger!)!

P.S.: Wenn ihr mir eure Meinung zu dem Artikel mitteilen wollt, würde ich mich freuen, wenn ihr euch die Mühe macht und mir schreibt!

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Harald K., E-Mail: harald.kellerwessel@web.de

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