Einbürgerungstest: So nicht!

Zuletzt geändert: 30.11.2009 durch den Autor (Minimale Korrektur noch am 17.12.2010)

Ich hatte mir erlaubt, im Internet den Einbürgerungstest mal mitzumachen. Bis gestern war ich schockiert, mittlerweile weiß ich, dass ich wohl einer schlechten Informationsquelle aufgesessen bin, auch wenn es noch genügend Kritikpunkte gibt. Die Quelle:

http://magazine.web.de/de/themen/nachrichten/quiz/6536032.html

Dort gibt es einige (etwas sehr viele ;-) ) länderspezifische Fragen. Da ist drauf hingewiesen, aber da die länderspezifischen Fragen nicht extra gekennzeichnet sind, entsteht beispielsweise der Eindruck, jeder müsse die Hauptstadt oder die Landesfarben oder das Wappen nicht nur von dem Land, in dem er wohnt, wissen, sondern von allen Bundesländern. Das ist natürlich nicht so.

Allerdings: Muss ich, auch wenn ich jetzt fast ein halbes Jahrhundert in Nordrhein-Westfalen wohne, wissen, dass dazu der Rhein-Sieg-Kreis gehört, wenn ich nicht gerade dort wohne? Für mich als Aachener ist das "A... der Welt" und völlig egal, ob das noch zu NRW oder vielleicht schon zu Rheinland-Pfalz gehört. Um etwas von den vier möglichen Antworten ausschließen zu können, muss ich beispielsweise wissen, dass der Vogtlandkreis nicht zu NRW gehört. Aber wo genau der liegt (Sachsen), wusste nicht einmal ich als "Alt-Bundesbürger"!

Oder, ob es Präsident des Senats, regierender oder erster Bürgermeister in unseren Stadtstaaten heißt - die Kleinstaaterei und unsere dauernd anderen Regelungen je nach Bundesland: Das gereicht uns sowieso nicht zum Ruhme!

Bei den bundeseinheitlichen Fragen heißt es beispielsweise: "In welchem Jahr zerstörten die Nationalsozialisten Synagogen und jüdische Geschäfte in Deutschland?" Wen interessiert das Jahr, entscheidend ist zu Wissen, dass die Nazis Pogrome verübt haben und dass durch die Vernichtungslager der Nazis Millionen von Juden, Zigeunern und Anderen ermordet wurden.

Insgesamt waren gut geschätzt die Hälfte der Fragen von diesem Kaliber, auch unter Zugrundelegung eines Programmes, dass die bundeseinheitlichen Fragen zum Einbürgerungstest als Basis hat! Wirklich gute Fragen gibt es zwar, sind aber leider die Ausnahme.

Es gab andererseits keinerlei Frage zu Goethe, Beethoven, Bach, Dürer oder Einstein - gar nicht zu reden von Schiller, Leibniz, Kant, Lessing, den Ereignissen 1848 in der Frankfurter Paulskirche, Alexander von Humboldt oder mathematischen Genies wie beispielsweise Gauß oder Euler!
(Ausnahme - nur in Bezug auf Goethe und Schiller:
Man muss von Ihnen wissen, dass sie nicht die Autoren zum Text unsere Nationalhymne waren. Die Frage: "Wer schrieb den Text zur deutschen Nationalhymne?" hat als Antworten zur Auswahl:
Friedrich von Schiller
Clemens Brentano
Johann Wolfgang von Goethe
Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Anmerkung noch:
Leute wie beispielsweise Heine, den Literaturnobelpreisträger Böll oder den Philosophen Nitzsche oder ähnliche zähle ich in diesem Zusammenhang schon zur "zweiten Garde" - so was zähle ich hier gar nicht erst auf!)

Man lernt also durch den Einbürgerungstest: Um ein guter Deutscher zu sein, braucht man nicht einmal die Spur an (deutscher) Kultur! (Ich würde - europäisch denkend - erwarten, dass ein Deutscher auch mal Namen wie Shakespeare oder Voltaire gehört hat!)

Auch dass die größte Industriemesse der Welt die Hannovermesse, dass in Hannover auch die Cebit (weltweit größte Messe für Informationstechnik!) und dass Europas größter Binnenhafen in Duisburg ist, braucht in dem Industrieland Deutschland wohl niemand zu wissen.

Desgleichen braucht man nicht zu wissen, dass Deutschland ein Land der Automobile ist. (Die zwei größten deutschen Industrieunternehmen sind Automobilhersteller!) Die Namen Nikolaus Otto, Rudolf Diesel, Gottlieb Daimler und Carl Benz sucht man im Einbürgerungstest vergeblich!

Insgesamt gesehen:
Die Fragen zum Einbürgerungstest lassen viele Fragen offen, nur eine ganz bestimmt nicht: Nämlich in welchem Land der Erde die größten Kulturbanausen im Parlament sitzen!

Die bundeseinheitlichen Fragen zum Einbürgerungstest sind in einem kostenlosen Programm unter:
http://www.freeware.de/download/einbuergerungstext_35475.html
(Es heißt tatsächlich "text" statt "test"!)

Die länderspezifischen Fragen zum Einbürgerungstest findet man als PDF unter:
http://www.bmi.bund.de/cae/servlet/contentblob/123030/publicationFile/13217/Einburgerungstest_Laender_Zusammen.pdf


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Harald K., E-Mail: harald.kellerwessel@web.de

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